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des M e n s c h e n v o n d e r N a t u r . Die Natur bildet nämlich einmal inso-
fern ein System von Ursachen der gesellschaftlichen Wirklichkeit, als materielle
Tatbestände, an welche die geistigen Tatbestände geknüpft erscheinen, und inner-
halb eines bestimmten Naturzusammenhanges auftreten — als also das Nerven-
system Einwirkungen von außen empfängt. Sodann bildet die Natur auch inso-
fern ein System von Ursachen, als das, wenn auch von Z w e c k e n geleitete
Handeln der Menschen (das heißt seine Rückwirkungen auf die Natur) auf
Mittel, die dem naturgesetzlichen Zusammenhange unterliegen, angewiesen ist.
Demgemäß hat die Menschheitswissenschaft zweifache Naturerkenntnis zu ihrer
Grundlage. Zunächst als Wissenschaft vom Organismus, gemäß jener ersteren
Abhängigkeit der äußeren M i t t e l des menschlichen Handelns, die ja einem
naturgesetzlichen Zusammenhange unterliegen.
Der Standpunkt der Geisteswissenschaft ist der der i n n e r e n E r f a h r u n g .
D i e W i s s e n s c h a f t e n v o m E i n z e l m e n s c h e n bilden die elemen-
tare Gruppe von Geisteswissenschaften. Es sind: Anthropologie und Psychologie.
(Letztere, wie oben dargetan, nach Wesen und Aufgabe von Dilthey ganz eigen-
artig bestimmt.) Die Psychologie bildet zwar die Grundlage des weiteren Aus-
baues der Wissenschaften der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit, „aber
ihre Wahrheiten enthalten nur einen aus dieser Wirklichkeit ausgelösten Teil-
inhalt und haben daher die Beziehung auf diese zur Voraussetzung. Demnach
kann nur mittels einer erkenntnistheoretischen Grundlegung die Beziehung der
psychologischen Wissenschaft zu den anderen Wissenschaften des Geistes . . . auf-
geklärt werden“
1
.
Diesen elementaren Disziplinen stehen die G e s e l l s c h a f t s -
w i s s e n s c h a f t e n als die andere Gruppe von Geisteswissen-
schaften gegenüber. Diese handeln nicht von den Elementen (Einzel-
menschen) sondern in ihrer Gesamtheit von dem Ganzen der ge-
schichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die einzelnen Disziplinen
haben je abstrakte T e i l i n h a l t e dieses Ganzen der Gesellschaft
zu ihrem Gegenstande, darum kann ihre Stellung zueinander nur
durch ihre Beziehung auf das lebendige Ganze der Gesellschaft be-
stimmt werden.
Dilthey unterscheidet — wie wir schon früher des Nähern sahen
— drei Klassen von gesellschaftlichen Teilinhalten: die „Volksgan-
zen“, die Systeme der Kultur und die äußere Organisation der Ge-
sellschaft.
Die „ V o l k s g a n z e n “ werden erforscht durch die Wissen-
schaften der Geschichte, Statistik und Ethnologie. Auch diese Wis-
senschaften erfassen nur Teilinhalte der als solcher unerfaßbaren
Totalität der geschichtlich-gesellschaftlichen Wirklichkeit. Die G e -
1
Wilhelm Dilthey: Einführung in die Geisteswissenschaft, Bd 1, Leipzig 1883,
S. 41.