Dokumentation der Fachtagung
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Dieser beinhaltete auch eine Aussprache mit den Klassenkameradinnen, die sie auf
facebook als „Scheißschwänzerin“ beschimpft hatten.
An den ersten Tagen an denen sie beschloss wieder in die Schule zu gehen, holte ich
sie um 7:00 zu Hause ab, von der Mutter wollte sie nicht begleitet werden. Der erste
Termin war bei der Direktorin, diese sagte Aylin ihre volle Unterstützung zu. Weiteres
wurde auf Aylins Wunsch ein Klassenwechsel versucht, der aber leider scheiterte. Im
Laufe der Betreuung kamen Termine immer wieder nicht zustande, Aylin sagte diese
ab oder war nicht in der Schule. Wir sahen uns nur alle zwei bis drei Wochen.
Es war daher sehr schwierig ein kontinuierliches Vertrauensverhältnis aufzubauen.
Zudem war die Kindesmutter sehr fordernd im Kontakt.
In einem der unregelmäßigen Termine thematisierte ich das Problem mit Aylin und
gab ihr zu verstehen dass wir entweder die Betreuung einstellen können oder ich ihr
noch mehr, verbindlichere Termine anbieten könne. Außerdem teilte ich ihr mit, dass
ich nicht für die Mutter arbeite, sondern ausschließlich mit ihr zusammen arbeiten
wolle. Paradoxerweise entschied sie sich für mehr Termine. Ab Februar trafen wir uns
wöchentlich in einem Kaffeehaus in der Nähe wo Aylin wohnte. Sie hielt alle Termine
ein (bis zu Schulschluss waren es 28).
Während der Termine machten wir Pläne, wie sie die schulischen Anforderungen
bewältigen konnte, wir schrieben Bewerbungen, übten Bewerbungsgespräche,
Problemlösungsgespräche mit Lehrer/innen, sprachen über die schwierige Beziehung
der Eltern, wie sie mit ihrer Mutter Konfliktgespräche aushalten könne und alle
anderen Themen, die Aylin einbrachte oder ich besprechen wollte.
Aylins Lehrer/innen waren zunehmend zufrieden mit den verbesserten Leistungen
und kamen ihr trotz nicht beurteilter Fächer im Semesterzeugnis wohlwollend
entgegen. Die Konflikte mit den Mitschüler/innen legten sich, sie schloss sogar einige
Freundschaften, vor allem mit den Jungs. Zum Schulschluss erhielt sie ein positives
Abschlusszeugnis und im Sesselkreis die Rückmeldung der Lehrerinnen und
Klassenkamerad/innen, dass sie ein wertvolles Mitglied der Klasse war und man ihre
Art sehr schätzten und alle stolz waren, dass sich die Situation derartig verändert
hatte. Aylin entschied sich, um ihre Noten zu verbessern noch ein Jahr den
polytechnischen Lehrgang zu besuchen.
Zum Abschluss gingen wir zusammen Frühstücken, um den Erfolg zu feiern. Wir
blieben über facebook in Kontakt. Mittlerweile hat sie eine Lehrstelle im
renommierten Hotel Sacher.
In welchem Handlungsrahmen agiert Schulsozialarbeit?
Zuerst
unregelmäßig,
dann verlässlich
Wir feiern den
Erfolg!